Psychologie

Gerald Hüther

Die Macht der inneren Bilder
Wie Visionen das Gehirn, den Menschen
und die Welt verändern

137 Seiten, Paperback
€ (D) 14,90
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2004
ISBN 3-525-46213-1

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Ein weißes Blatt Papier, eine weiße Fahne: als Zeichen des Friedens. Eine Leinwand als Projektionsfläche. Was sehen wir nicht alles trotz der Bilderlosigkeit? Oder am Abend, wenn wir im Bett liegen und den Tag Revue passieren lassen vor unserem inneren Auge. Abschalten, an nichts mehr denken … wenn es nur ginge.

Jeder von uns kennt sie, die inneren Bilder. Gerade jetzt: Sie sehen konkret nur ein paar Buchstaben in einer von mir gruppierten Formation. Einfache gedruckte Zeichen ohne Schnörkel, kein lachendes Gesicht. Und doch lacht etwas beim Lesen dieses Begriffes, vorausgesetzt, Sie kennen die deutsche Sprache und wissen, was Lachen bedeutet, bedeuten könnte. Was für ein Lachen? Laut, leise, stolpernd, wiehernd, schallend, verhalten oder gar hämisch? Ohne einen Speicher von inneren Bildern wären diese Zeichen für den Leser bedeutungslos.

Für sich allein erscheinen die Bilder in unserem Inneren so normal, dass wir sie selten bewusst wahrnehmen, es sei denn, wir suchen das Gespräch mit uns selbst, nach innen schauend. Wer sich die Zeit nimmt, mag sich wundern, was er alles sieht, während seine Augen auf ein weißes Blatt gerichtet sind. Ein Maler würde vielleicht zum Pinsel greifen, ihn in Wasser und Farbtöpfe tauchen, um die Bilder aus seinem Innenleben nach außen zu kehren, indem er die Pinselhaare über das Papier zieht, sanft oder gar hastig die Hand bewegend. Was mag dabei herauskommen? Ein Haus, ein Baum? Oder ein wildes »Kriggel-Kraggel« ohne Ähnlichkeit mit konkreten Gegenständen?

»Das ist ja nur Kriggel-Kraggel«, meinte ein Junge, als ich meine damals dreijährige Tochter im Kindergarten abholte. Der Junge war etwa drei Jahre älter als Jana und bat, ich solle mich zu ihnen an den Tisch setzen, damit wir noch ein wenig reden könnten. Er wirkte wie ein höflicher erwachsener Gastgeber. Auf seinem Blatt sah ich ein Auto, das Papier von Jana bot ein Durcheinander gerader und kreisender bunter Linien. Jana kannte es von uns Eltern, dass wir ihre Bilder interessant fanden. Nun aber wirkte ihr Gemälde im Vergleich zum Auto des Älteren wertlos. Es nützte wenig, dem Jungen zu erklären, wie sinnvoll das freie Malen sei, wie viel Freude es mache, drauf los zu zeichnen und sich von dem Ergebnis überraschen zu lassen. Das Auto galt als etwas Richtiges, und meiner Tochter blieb nichts anderes übrig, als diesen Wettbewerb anzunehmen mit dem Ziel, Autos zu malen.

Heute kann sie besser zeichnen als ich. Ob es die Erfahrung der Konkurrenz oder ihre inneren Bilder waren, die sie zum ehrgeizigen Üben trieben, oder auch beides, kann ich kaum beurteilen. Während sie zu Beginn ihres Lebens von innen nach außen malte, öffnete sie sich zunehmend den Eindrücken der Umwelt, um das Außen in ihr Inneres zu lassen und beides miteinander zu befreunden, was sie manch schwere Wutanfälle kostete und einen Papierkorb voller zerknüllter Blätter.

Und wie ergeht es uns bei der Auswahl von Büchern auf dem riesigen Markt gebotener Lektüre zu allen nur denkbaren Themen?

Zu internetfernen Zeiten war es notwendig, den Körper in eine Buchhandlung zu bewegen, um unter Einsatz vorhandener Sinnesorgane die dort ausliegende Ware auf sich wirken zu lassen. Vielleicht kam eine freundliche Verkäuferin und empfahl ein Buch, das wir schließlich kauften, weil wir der sympathischen Frau einen guten Geschmack zutrauten. Oder ein Cover sprach uns an, dessen Gestaltung alte Erinnerungen weckte, denen wir uns zu widmen gedachten. Die Möglichkeiten der Entscheidungs-Kriterien scheinen endlos. Eines haben sie gemeinsam: Das Wahrgenommene knüpft an bereits vorhandene Bilder unseres Inneren, sie befriedigen zumindest einen Teil unserer Vor-Stellung, einer unbewussten geistigen Erwartungshaltung, deren Bestätigung zu emotionalem Wohlbefinden führt.

Heute, im Jahr 2004, gelangen Bücher, zumindest bei mir, durch das Medium Internet in meinen Fokus der Aufmerksamkeit. Hier auf dem Land gibt es nur kleine Buchhandlungen, deren Sortiment vor allem durch Bestseller und andere populäre Literatur geprägt ist. Kein einziges Buch landete durch puren Zufall in meinen Händen, mit jedem verbinde ich etwas bereits Bekanntes, und sei es der Name des Autors.

Wie Sie bereits an der Einleitung sehen, beruht die Wahl von »Die Macht der inneren Bilder« auf einer persönlichen Vorgeschichte und Liebe zur Thematik, die einen wichtigen Teil meiner durch Lebenserfahrung gebildeten Vorstellungen anspricht, um mein Interesse spontan geweckt zu haben, als ich im neuen Prospekt des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht blätterte: »Das muss ich unbedingt lesen!« Meine per E-Mail an die Presseabteilung gerichtete Bitte um Zusendung eines Rezensionsexemplares wurde prompt erfüllt, wenige Tage später flog ein leichter, unscheinbarer grauer Papp-Umschlag durch den Briefkastenschlitz unserer Haustür.

An diesem Buch stimmt eigentlich alles, von der Wahl des Papiers über die Seitenzahl bis zur Gestaltung des Covers, Inhalt und Form ergänzen einander »wie gewachsen«. Die Herkunft des Titelbildes sei bewusst verschwiegen.

Eine Zusammenfassung dieses Werkes spare ich mir, da diese bereits vorliegt in Form eines einführenden Textes auf der Rückseite des Umschlages bzw. der Homepage des Verlages, zu der Sie durch Anklicken dieses Links gelangen.

Auf der Internet-Plattform win-future.de, die der Autor Gerald Hüther mit seinem Kollegen Karl Gebauer ins Leben gerufen hat, finden Sie das ungekürzte erste Kapitel des Buches mit dem Titel »Vorbemerkungen: Wenn innere Bilder lebendig werden«.

Mir hat die Lektüre Appetit auf mehr gemacht. Ich bin sogar gewillt, meine brach liegenden, in der Schulzeit vernachlässigten Lerngewohnheiten bezüglich neurobiologischer Zusammenhänge zu erweitern und mich einem bisher gemiedenen Bereich naturwissenschaftlicher Forschung zu öffnen, um meine Synapsen in neue Schaltabenteuer zu verstricken, eine Handarbeit, die nach dem Spinnen von Netzwerken bei Kaffee und Kuchen die Sozialkompetenz fördert bei gleichzeitigem Gebrauch meines vorderen Stirnlappens, der, so hoffe ich zumindest, ein interessanteres Muster aufweist als meine in der Schulzeit gehäkelten Topflappen aus gelb-weißer Baumwolle.

Jutta Riedel-Henck, 29. Oktober 2004

 

 

 

Wolfgang Schmidbauer
Therapy on Demand
Narzissmus und bedarfsorientierte
Psychotherapie

240 Seiten, Hardcover
€ 19,90
Düsseldorf u. Zürich:
Walter, 2005

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ISBN 3-530-42190-1

 

Als Nicht-Involvierte der gegenwärtigen »Therapie-Szene« reagierte ich mit einem imaginären Achselzucken beim Lesen des Titels »Therapy on Demand«, ins Deutsche übersetzt: Therapie nach Bedarf. Der Begriff »on Demand« ist mir seit wenigen Jahren vertraut im Umgang mit Büchern und ihrer bedarfsorientierten Produktion: Books on Demand. Durch die Erfindung eines neuen Digitaldruckverfahrens wurde es möglich, Bücher in hoher Qualität zu erschwinglichen Preisen einzeln drucken und binden zu lassen, Investitionskosten sind gering, Lagerräume überflüssig, Angebot und Nachfrage sinnvoll aufeinander abgestimmt, so dass auch Kleinstauflagen und Werke mit erwartungsgemäß geringem Absatz eine Chance erhalten, ihr spezifisches Leserpublikum zu erreichen.

Eine Psychotherapie, so glaubte ich, sei alles andere als ein Geschäft mit Waren, sondern die lebendige Begegnung von Menschen, welche sich in Form und Inhalt weder kopieren noch vervielfältigen ließen, geschweige denn als Produkt einer Bücherpresse in den Handel gelangen.

Wenn schon Therapie, so schien mir eine »Therapy on Demand« bisher selbstverständlich, wer sonst sollte eine Therapie beanspruchen als jene, welche das Bedürfnis haben, sich selbst besser kennen und vor allem lieben zu lernen?

Doch so selbstverständlich meine naive Sicht scheint, so verworren wirkt das Geflecht zwischen Menschen, die Probleme haben sich anzunehmen, Frieden zu schließen mit seelischen Verletzungen und Kränkungen, um an der Pflege und Stärkung gesunder Beziehungen zu arbeiten und sich dabei helfen zu lassen von erfahrenen, befähigten und verantwortungsvollen Menschen, die ihre Berufung im Beruf des Therapeuten ausüben.

Dass »Therapy on Demand« keine Selbstverständlichkeit ist, wird seine berechtigten Gründe haben, die sich aus der Komplexität der menschlichen Psyche und ihrer Reaktionen auf Verletzungen ergeben. Das Bedürfnis, über einen Menschen grenzenlos zu verfügen wie einst das Ungeborene im Leib der Mutter, ist verbreitet, seine Befriedigung ebenso utopisch wie die Realisierung einer zweiten Geburt als Ersatz für eine misslungene erste. So groß die Sehnsucht nach »Wiedergutmachung« oder Ungeschehenmachen erlittener sowie ausgeübter Verletzungen sein mag: Verzeihen ist nicht gleich Vergessen, Erinnerungen bleiben erhalten, ihr Auslöschen-Wollen käme dem Bestreben eines Selbstmörders gleich, dessen Destruktivität wir täglich in Massen unausweichlich vorgeführt bekommen: Sucht als Krankheit oder Krankheit als Sucht, sich selbst zu zerstören, ohne dabei draufgehen zu wollen.

Narzissmus, fast ein »Zauberwort«, um das Definitionen und Mythen ranken, seine Anwendung trägt seltener zur Lösung des Problems bei, als dass sich durch ihn Bestempelte erneut gekränkt fühlen mit der Reaktion heftiger Abwehr all jener, die es wagen, von einer seelischen Störung oder gar Krankheit zu sprechen. Krankheit gilt als Schuld und Niederlage, Gesundheit als Verdienst, dem Anerkennung gebührt. Dass Kinder nie gefragt werden, ob, wie und von wem sie gezeugt und geboren werden wollten, geht in diesem Kampf ebenso unter wie die Fähigkeit, in linearen Zeitstrukturen zu denken, vor allem aber zurück zu verfolgen, wann, durch wen und auf welche Weise das Selbstgefühl seinen nachhaltigen Schaden nahm.

Biographie-Arbeit, die Sichtung und Klärung persönlicher Lebensgeschichten wird gerne abgewertet mit der Begründung, dass die Vergangenheit sich ohnehin nicht ändern ließe. Doch die Gegenwart mit ihren zwanghaften Wiederholungsmustern und –taten spricht von selbst: Sie baut auf dem, was wir im Gestern speicherten, davon abweichende neue Impulse haben keine Chance sich zu entfalten, wenn wir uns weigern, Erinnerungen und Erfahrungen rückblickend zu prüfen und analysieren, um aus Fehlern zu lernen und ungewohnte, davon abweichende Schritte zu wagen.

Das Jetzt zu arrangieren, Sargdeckel zu öffnen, aber auch schließen, wenn die Zeit es verlangt, Arbeit zu organisieren und nicht in einem Chaos von (Un-) Tätigkeiten herumzuirren, bedarf unseres Bewusstseins und der Bereitschaft, das Menschliche mitsamt seiner Schwächen und Fehler als Normalität zu begreifen, deren Richtschnur nur dann zur Stolperfalle gerät, wenn wir sie vom Boden der Realität entfernen, um sie als bedrohliche Hürde zwischen Messlatten zu spannen. Die Gefahr ist groß, den mühevollen Weg aus den Sinnen zu verlieren, während der Patient Heilung erhofft wie ein Hochleistungssportler den endlichen Sieg seiner Weltmeisterschaft.

»Therapy on Demand« – ein Titel, der besetzt wirkt von der wirtschaftlichen Bedeutung schnelllebiger, kurzfristig durchführbarer Warengeschäfte jeder Art. Ich hätte sie »Therapie der kleinen Schritte« genannt. In Verbindung mit dem Cover-Bild eines in den Himmel rufenden oder gar betenden Sonnenbrillenträgers mit rosa getönten Gläsern und ausgestreckten Armen würde ich eher ein Buch über den Esoterikwahn und seine religiös lockenden Heilsversprecher erwarten.

Lassen Sie sich von diesen Äußerlichkeiten nicht irre führen: Der Inhalt des Buches ist das Werk eines kompetenten, erfahrenen und verantwortungsvollen Psychoanalytikers und in jeder Hinsicht lesenswert!

Jutta Riedel-Henck, 24. Januar 2005

 

 

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